In den 1990er-Jahren arbeitete Dolly King mit ihrem Mann und vier Kindern in der Ukraine. Als Russland 2022 in die Ukraine einfiel, fühlte Dolly den Anstoß, ihre Arbeit im Ausland wieder aufzunehmen – dieses Mal in Polen, um Ukrainern und anderen in Not zu helfen.
Es war das Jahr 1991. Das Hubble-Teleskop war gestartet, die Zahl der Internet-Benutzer erreichte die erste Million und die Sowjetunion löste sich auf. Es war auch das Jahr, in dem Dolly und ihr Mann ins Ausland zogen, motiviert von der Leidenschaft, das Evangelium an die Menschen der früheren Sowjetunion weiterzugeben.
Zu der Zeit spürte Dolly, dass „das Erntefeld reif war. Die Menschen waren wahrscheinlich dort eher zum Hören bereit als in unserer Heimat, den Vereinigten Staaten. Also wollten wir unbedingt rausgehen.“ Zusammen und mit ihren vier Kindern war das Ehepaar begierig, Menschen aus der früheren Sowjetunion zu erreichen – „sie zur Jüngerschaft zu führen und mit ihnen zu gehen.“ Es dauerte sechs Jahre, alles vorzubereiten und die USA zu verlassen, doch im letzten Augenblick schloss sich die Tür nach Russland. Aber eine Tür in die Ukraine öffnete sich für die Familie, und zwar nach Simferopol, der Hauptstadt der Krim. Also zogen Dolly und ihre Familie 1997 aus den USA in die Ukraine. Zehn Jahre später schloss ihr jüngstes Kind, Annie, die High School ab. Dolly und ihr Mann kehrten zu einem kurzen Urlaub in die Staaten zurück, damit Annie sich zurechtfinden und auf der Universität Fuß fassen konnte. Während dieses Urlaubs wurde bei Dollys Mann ein Gehirntumor diagnostiziert und starb achteinhalb Monate später.
Mit diesem unerwarteten Verlust hatte Dolly einen großen Brocken zu verarbeiten, aber sie erinnert sich: „Als ich am ersten Morgen aufwachte, begann ich einfach Gott zu danken für all die guten Dinge in meinem Leben – und ich war dankbar. Es war so wichtig, dankbar zu sein und sich auf die guten Erinnerungen auszurichten, auf das Positive, und dann zu dienen. Denn wenn du dienst, konzentrierst du dich nicht auf dich selbst mit deinem Verlust.“
Während ihres Heilungsprozesses fühlte sich Dolly „befreit, über meine Geschichte zu reden. Ich hatte einfach den starken Wunsch, anderen Frauen zu helfen. Ich habe eine Leidenschaft für das Anleiten von Frauen, sie zur Jüngerschaft zu führen und ihnen dabei zu helfen, dass ihnen klar wird, dass sie die Fesseln ihrer Vergangenheit ablegen können.“
Während Dolly in den USA diente, fand sie, dass ihre Trauer sie nicht so stark bedrückte. Sie konzentrierte sich darauf, ihre Beziehung zu Christus zu verstärken und sich von verschiedenen Lügen, die sie geglaubt hatte, zu befreien – ebenso, wie die Frauen, mit denen sie arbeitete, sich von Lügen lossagten.
Dolly erinnerte sich an eine Zeit in der Vergangenheit, in der „das Verhältnis zwischen Gott und mir das von einem Herrn zu einem Diener war. Ich liebte den Herrn und ich diente ihm, weil ich ihn liebte. Aber ich hatte kein enges Verhältnis zu ihm. Es öffnete mir die Augen, als mir klar wurde, dass ich das konnte, dass es das war, was er wollte.“
Rückkehr nach Osteuropa
Jahre später, 2022, fielen russische Truppen in die Ukraine ein. „Für alle meine Kinder war die Ukraine die Heimat und sie alle wären auf der Stelle zurückgegangen.“ Zwei ihrer Töchter taten es. Stephanie und Annie begannen sofort, Waren zu sammeln, die in die Ukraine gehen sollten. Schon nachdem sie erst ein paar Tags in Lwiw (Lemberg) waren, begann Russland den Flughafen zu beschießen und sie gingen schließlich an die polnische Grenze, wo sie beim Übersetzen halfen. Bevor die beiden Schwestern in die Staaten zurückkehrten, wussten sie schon, dass sie so bald wie möglich nach Polen zurückkommen würden, um weiter zu helfen.
Dolly sah eine Möglichkeit, noch einmal ihrem geliebten ukrainischen Volk zu dienen und mit ihm zu arbeiten. „Ich habe ein paar Gesundheitsprobleme, also sagte ich Gott, dass wenn mein Kardiologe, mein Nierenfacharzt und mein Pastor mir grünes Licht geben, ich gehen werde. Und genau das passierte!“ Mit dieser Absicherung verkaufte Dolly ihr Haus und ihren Besitz und flog nach Polen.
In Warschau begann Dolly, das International Christian Fellowship (die Internationale Christliche Gemeinschaft) zu besuchen, wo eines Tages ein junger Mann zu ihr kam und sagte: „Ich höre, Sie sind hier, um mit Flüchtlingen zu arbeiten. Samstags gehen wir in ein Lager.“ Er lud Dolly und ihre Tochter ein, mitzukommen. Das regierungsgeleitete Flüchtlingslager, in dem auch OM-Mitarbeiter freiwillig arbeiteten, wurde zum Anstoß von Dollys Verbindung mit OM.
Dolly und Annie begannen, freiwillig in dem Lager mitzuarbeiten, und Dolly bemerkte: „Da waren nicht so viele Ukrainer, aber da waren viele, die Russisch sprachen, und sie kamen von überallher. Am ersten Tag, den ich da war, kam keine Frau zum Programm und ich war in Polen eigens zur Arbeit mit Frauen.“ In der nächsten Woche war aber Internationaler Frauentag und OM plante eine besondere Veranstaltung beim Gemeindezentrum, das sie leiteten, und Frauen aus dem Flüchtlingslager waren eingeladen.
Da Dolly bezweifelte, dass sie wirklich etwas Bedeutenden beitragen könnte, fragte sie sich selbst: „Ich bin nur eine einzelne Person ... wie kann ich einen Unterschied machen?“ Dann erinnerte sie sich an die Worte einer Freundin, die Dolly vor ihrer Ausreise nach Polen mit folgenden Worten ermutigte und bestärkte: „Wir machen uns manchmal nicht den Wert klar, der im Erreichen eines einzigen Menschen liegt.“ Dolly dachte darüber nach und betete: „Herr, wenn eine Frau kommt und sich verpflichtet, an den Sonnabenden dabeizusein, will ich auch kommen.“
Vier Frauen besuchten die Veranstaltung und seitdem arbeitet Dolly mit OM zusammen. Sie leitet auch kleine Gruppen und nimmt an der Frauenarbeit ihrer Gemeinde in Polen teil.
Eine feierliche Übergabe
Seit Dollys Rückkehr nach Osteuropa hat es viele Höhen und Tiefen gegeben. „Ich spürte den Verlust meines Mannes nach meiner Rückkehr hier stärker als in den letzten 15 Jahre, weil wir zuletzt dies hier zusammen gemacht hatten. Ich habe die USA neunmal zu einem Langzeiteinsatz verlassen und das letzte Mal war das schwerste.“
Durch all die Herausforderungen hindurch, auch in der Trauer über ihren fehlenden Ehemann, hat Dolly die Gegenwart Gottes umso deutlicher gespürt: „Der Verlust ist größer als er zunächst schien, und das macht Gott umso größer. Er beschützt und versorgt mich.“
Trotz aller Herausforderungen versichert Dolly, dass sie zu allem entschieden ist, was Gott mit ihrem Leben anfangen will, und dass sie entschlossen ist, denen zu dienen, die es aus weiter Entfernung bis nach Polen geschafft haben. Gott ist da, um Dolly zu leiten und sie zum Segen zu gebrauchen für diejenigen, die wie sie großen Verlust erlitten haben.
Bete mit uns für die, die die Ukraine und andere Länder wegen eines Krieges verlassen haben. Bete, dass Gott weiter die Suchenden mit entschiedenen Jesus-Nachfolgern wie Dolly in Verbindung bringt. Bitte bete auch, dass er weiter in Jesus-Nachfolgern die Begeisterung wachhält, den Dienst, in den sie gerufen sind, forstzusetzen, in ihrer Gemeinde vor Ort oder sonst irgendwo auf der Welt.